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Der Burnout-Zyklus und warum Stress uns nur langsam krank macht

12/9/2018

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“Burnout” ist ein Begriff, der seit einiger Zeit immer mehr Menschen geläufig ist. Entweder, weil sie selber davon betroffen sind, weil sie Fälle im Freundes- und Bekanntenkreis kennen oder weil sie sich chronisch überlastet fühlen und deshalb einen Burnout befürchten. 
Was ich persönlich erschreckend finde ist, wie viele Menschen den Begriff wie eine plötzlich einsetzende Krankheit benutzen. “Mein Kollege hat einen Burnout.” wird so verwendet, als wenn der Kollege gestern noch kerngesund war, heute aber leider ausfällt.

Bei der Symptomatik-Beschreibung “Mein Kollege hat einen  Schnupfen.” mag das noch funktionieren, aber jedem wird einleuchten, dass schon im Vorfeld eines Schnupfens der Körper langsam aus dem Gleichgewicht gerät und sich gegen Krankheitserreger wehrt. Irgendwann ist das Immunsystem dann überwältigt und der Schnupfen “bricht aus”.
Das Burnout-Syndrom ist ein genauso langsam fortschreitender Prozess. Unser Geist und unsere Gedanken sind im selben Maße wie unser berufliches und privates Umfeld daran beteiligt, dass uns Stress und Überlastung entweder bis zum Zusammenbruch treiben oder dass wir uns davon immer wieder gut erholen können. Viele Menschen denken allerdings, dass eine kleine Ruhephase schon ausreicht, um Stress abzubauen. Leider ist dem nicht so. Der Burnout-Zyklus, den Freudenberger und North beschrieben haben ist dabei ein wirksames Instrumente, mit dem Sie Ihren eigenen Burnout-Grad einordnen können oder einen sich entwickelnden Burnout bei Kollegen oder Freunden erkennen können.

Die 12 Stufen des Burnout-Zyklus
nach Herbert Freudenberger & Gail North (Freiburg, 1992)

Nach Freudenberger durchläuft ein vom Burnout Betroffener 12 Stadien, die sich in die drei Phasen Stresserregung, Energie sparen und Erschöpfung einteilen lassen. Je frühzeitiger der Betroffene Unterstützung und Hilfe bekommt, mit dem eigenen Stress, der eigenen empfundenen Überwältigung und mit den äußeren Umständen umzugehen, desto leichter kann er aus dem Zyklus aussteigen.
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Phase I: Die Stress-Erregung
STUFE 1: Sich beweisen wollen 

Meine Konditionierung, meine Glaubenssätze und meine Ziele bringen mich dazu, dass ich mich in meinem Arbeitsumfeld engagieren und profilieren möchte.
  • Begeisterung für die Arbeit
  • Hohe Erwartungen an mich selbst
  • Ich übersehe leicht meine Grenzen und stelle meine Bedürfnisse zurück.

STUFE 2: Härteres Arbeiten
Ich identifiziere mich mehr und mehr mit dem Bewältigen meiner Arbeitsaufgaben. Durch Anerkennung oder der Hoffnung darauf steigere ich mich immer mehr in meinen Bereich hinein.
  • Erhöhte Bereitschaft, neue Aufgaben zu übernehmen
  • Freiwillige Mehrarbeit und unbezahlte Überstunden, an freien Tagen, am Wochenende und auch in der Urlaubszeit
  • Ich fühle mich unentbehrlich (“Wer soll’s denn sonst machen, wenn nicht ich?!”)

STUFE 3: Vernachlässigen eigener Bedürfnisse
Die Aufgabenflut lässt mich den Blick auf meinen eigenen geistigen Zustand und meine Wünsche und Bedürfnisse verlieren. Ich fange an, meine anstehenden Aufgaben und meine eigenen Ziele im Leben zu verwechseln.
  • Chronische Vernachlässigung meiner Bedürfnisse
  • Hoher Konsum von Kaffee, Zigaretten oder Aufputschmitteln
  • Gelegentliche Schlafstörungen

STUFE 4: Panik und Konflikt, Gefühl der Bedrohung
Mein System kann immer weniger die Menge und die Intensität an Aufgaben bewältigen. Es zeigen sich erste Schwachstellen in meinem Konstrukt.
  • Konflikten in anderen Bereichen meines Lebens werden genauso verdrängt wie meine Bedürfnisse
  • Fehler häufen sich: Ich vergesse Termine, schaffe es nicht mehr, Deadlines einzuhalten oder Aufgaben zu erledigen, Ungenauigkeit, Energiemangel, Gefühl der Schwäche
  • Hobbies werden aufgegeben, um mehr Zeit für “ernste Angelegenheiten” zu haben

Phase II - Energie sparen
STUFE 5: Werte verändern sich, Arbeit wird mein einziger Fokus

In dieser zweiten Phase fange ich an, mehr und mehr Abstriche in anderen Bereichen meines Lebens zu machen. Das Gefühl, nicht mehr mit allen Anforderungen mithalten zu können führt dazu, dass ich den Kontakt zu meiner eigenen Gefühlswelt verliere und nur noch funktioniere.
  • Abstumpfung, verminderte Aufmerksamkeitsfähigkeit
  • Ich meide private Kontakte, empfinde sie auch oft als belastend (“Ich muss doch noch … erledigen.”)
  • Beziehungs-Probleme mit dem/r PartnerIn, da meist nicht der sich entwickelnde Burnout gesehen wird, sondern die Entfremdung und die Priorisierung der Arbeitsaufgaben 

STUFE 6: Probleme werden verdrängt
In dieser Phase fühle ich mich mehr und mehr enttäuscht von meiner Außenwelt. Andere sehen immer mehr Zynismus, Intoleranz, und dass ich andere immer schneller beschuldigen kann, selber aber nicht mehr Verantwortung für mein Handeln und meine Entscheidungen übernehme. “Ich würde ja gerne, aber man lässt mich nicht.” wird zu einer häufigen Erklärung. Im Modell des Drama-Dreiecks (siehe Blog-Artikel) fühle ich mich massiv als “Opfer”, sehe auch ganz klar, welche “Täter” Schuld daran haben, aber mir mangelt es an einem wirklich guten “Retter”, der mir Erleichterung verschaffen könnte.
  • Aufgetretene Probleme werden verleugnet
  • Ich fühle mangelnde Anerkennung, bin desillusioniert.
  • Der Gang zur Arbeit löst Widerstand und Unwohlsein aus. Innere Kündigung als Grundstimmung.
  • Vermehrte Fehlzeiten, verspäteter Arbeitsbeginn, vorverlegter Arbeitsschluss

STUFE 7: Sozialer Rückzug, Zuflucht in Alkohol und anderen Drogen
In dieser Stufe fühle ich mich nicht nur unverstanden, sondern nehme soziale Kontakte als Belastung wahr. Der englische Begriff “My Drug of Choice” wird offensichtlich, weil Pseudo-Erholung durch Essen, Alkohol, Drogen, Spielen, obsessiven Sex oder durch Filme und Medienkonsum gesucht wird. Selbst wenn mir klar wird, dass dieses Verhalten nicht meinem eigentlichen Ziel dient, kann ich nicht damit aufhören, oder nur, indem ich mir eine andere Befriedigung suche. Der beste Fall ist noch, dass diese Befriedigung keine bleibenden Schäden an meinem Körper hinterlässt. 
Orientierungslosigkeit, Gefühle der Hoffnungslosigkeit, der Ohnmacht und der inneren Leere
  • Ersatzbefriedigungen werden gesucht und dienen nur unzureichend der Erholung
  • Immer geringere Leistungs- und Belastungsfähigkeit. Andere nehmen mich als unzuverlässig, ungenau, unorganisiert und als unfähig Entscheidungen zu treffen wahr.
  • Psychosomatische Reaktionen wie Gewichtsveränderungen, Herzrasen oder Bluthochdruck

STUFE 8: Auffälliges Verhalten, andere machen sich Sorgen
Das soziale Leben nimmt immer stärker ab. Ich empfinde Gleichgültigkeit, ein Gefühl der Sinnlosigkeit und wenig persönliche Anteilnahme am Leben Anderer. Auch berufliche soziale Kontakte meide ich. Vermehrt machen mich Kollegen oder Freunde auf mein Verhalten aufmerksam. Einige versuchen, mich wieder zu mehr Aktivität und Positivismus zu animieren, ich kann jedoch schon nicht mehr wirklich gut darauf eingehen. Wenn doch, so suche ich meist nur ein mitleidiges Ohr, um mich mal wieder über meine eigene Misere beschweren zu können.
  • Deutliche Verhaltensänderung, Eigenbrötelei, Selbstmitleid und das ständige Gefühl von Einsamkeit
  • Auf gut gemeinte Zuwendungen und Ratschläge reagiere ich gereizt und ärgerlich
  • Kaum Initiative und geringe Produktivität - Dienst nach Vorschrift

Phase II - Erschöpfung
STUFE 9: Entfremdung, das Leben fühlt sich “mechanisch” an
In dieser dritten Phase führt Stress und Überlastung dazu, dass mein ganzes System immer mehr herunter fährt. Die Betäubung, die ich in der Phase II erfahre wird zu einer tiefen Erschöpfung und zu einer immer größeren empfundenen Distanz von meinen eigenen Gefühlen, meiner Persönlichkeit und meinem Körper. 
  • Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit, ich fühle mich im Inneren wie abgestorben.
  • Maschinen ähnliches Funktionieren
  • Es zeigen sich immer mehr psychosomatische Symptome

STUFE 10: Innere Leere
In dieser Stufe wechseln sich starke schmerzhafte Emotionen immer wieder mit einem Zustand der emotionalen Leere ab. Nach außen erscheint dieser Zustand oft wie eine manische Depression, in der mein Verhalten unvorhersagbar wird. In einzelnen Fällen neigen Betroffene dazu Stimulierung und sinnliche Befriedigung durch Exzesse zu suchen, z.B. durch Kaufräusche, Fressattacken oder exzessiven Sex ohne wirkliche Befriedigung.
  • Phobische Zustände, Panikattacken und Angst vor Menschen
  • Einsamkeit, negative Einstellung zum Leben

STUFE 11: Depression und Erschöpfung
Depression kann als eine so große Überlastung durch die eigenen Lebensumstände angesehen werden, dass sich mein ganzes System aus dem Leben zurück zieht. Unterbewusst haben wir die Hoffnung, dass sich entweder meine Lebensumstände ändern, solange ich “nicht da” bin oder sich ein anderer Mensch darum kümmert, dass alles besser wird. Das gelingt natürlich nur selten. Die notwendige Auseinandersetzung mit der eigenen Situation und das Entdecken von Handlungsoptionen wird immer schwerer.
  • Hoffnungslosigkeit, ich sehe keinen Sinn mehr im Leben
  • Ständige Erschöpfung, starker Wunsch, andauernd zu schlafen
  • Verzweiflung, existenzielle Ängste, Selbstmordgedanken und -absichten

STUFE 12: Der Kollaps
Dieser Zustand ist das, was oftmals erst von Außenstehenden als “Burnout” betitelt wird. Mein System ist nicht mehr in der Lage, mit meiner Außenwelt umzugehen und fährt völlig runter. Oftmals folgt nach dem Zusammenbruch eine Behandlung, ein Klinikaufenthalt oder eine Therapie, aber die Veränderung der äußeren Umstände oder Arbeitsbedingungen ist für die Genesung genauso wichtig wie die Neuorientierung meiner Gedanken, Werte und Einstellungen. Wenn das nicht passiert, wird der Zyklus in naher Zukunft einfach wieder von vorne beginnen.
  • Komplette, lebensgefährliche geistige, körperliche und emotionale Erschöpfung und Überwältigung
  • Gestörtes Immunsystem, Krankheiten des Herz-Kreislauf- oder des Magen-Darm-Systems
  • Selbstmordgefahr

Und wie ist das bei Ihnen?

In welcher dieser Stufen befinden Sie sich selber? Wie weit hatte sich Ihr Burnout in den anstrengendsten Zeiten Ihres Lebens schon entwickelt? Und wo erkennen Sie das Verhalten von Freunden, Kollegen oder gar von Mitgliedern Ihres eigenen Teams wieder?
Als ich den Burnout-Zyklus das erste Mal entdeckte, stellte ich erschrocken fest, dass mich der Aufbau meines Trainingsbusinesses 2014 bis in die Stufe 11 hatte kommen lassen. Der erste Weg zur Veränderung meines Lebens ist das Bewusstsein für und das klare Erkennen meiner eigenen Situation. Erst dann besteht die Möglichkeit loszulassen. Der eine angestrebte, doch so perfekte Weg ist meist eh schon längst unerreichbar und wir können uns nur selber nicht umorientieren, weil wir uns in ihm festgebissen haben. Erst wenn wir loslassen und uns neu umsehen können neue Gedanken entstehen. Fragen sind dann eines der mächtigsten Werkzeuge, unsere Gedanken zu unterstützen.
Ich merkte damals, dass mich die Frage “Warum ruft mich bloß kein Kunde an, um mir Aufträge zu geben?!” meinen Burnout immer weiter voran getrieben hatte. Eine neue, viel besserer Frage, die ich mir dann irgendwann stellen konnte war “Was kann ich denn dafür tun, dass Menschen an mich denken, wenn Sie einen Trainer suchen?”
Welche Frage können Sie einem Menschen in Ihrem Leben in den nächsten 24 Stunden schenken, die ihn auf neue Gedanken bringen könnte? Wenn Sie sich auch selber neue Fragen schenken möchten und Sie glauben, dass ich Ihnen als Männercoach dabei behilflich sein kann, dann kommen Sie doch mal zu einem Coaching oder zum nächsten Vortragsabend. Ich freue mich auf Sie!

​Herzlichst, Ihr Martin Schlicht
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    Martin Schlicht

    Vor ca. 15 Jahren fand ich durch die Persönlichkeitsarbeit an mir selber eine neue Klarheit in meinem Denken. Sie zeigte mir auf, unter wieviel Dauer-Anspannung und Stress ich die meiste Zeit meines Lebens gestanden hatte. Damit begann gleichzeitig eine lange Reise zu meiner eigenen Kraft und Leidenschaft. Die Männerarbeit, d.h. das Erforschen meiner Stärken und Bedürfnisse, und was es heutzutage heißt, ein Mann zu sein, kam 2009 dazu. Meine Aufgabe ist es Sie zu unterstützen, den Zugang zu Ihrer Stärke und Leidenschaft zu finden.​
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